Es ist August 2018 und Gisela von der Kunsthaltestelle braucht eine Pause. Sie überlässt uns die Hälfte des Ladengeschäfts für eine bestimmte Zeit – wir planen einen PopUpShop. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, es müssen Flyer gedruckt und verteilt werden, Social Media Kanäle gefüttert, Events organisiert, wir müssen unsere Kollektionen anfertigen (lassen), die PopUpShop Gestaltung will überlegt werden, und die eigene visuelle Kommunikation erdacht. Außerdem denken wir über Preise der Teile nach und besprechen alles transparent. Viel Arbeit also. Das ganze kostet uns ungefähr 6 Wochen Vorbereitungszeit.
Ende August nahm ich eine weitere Gelegenheit wahr, die ich selbst nicht angestrebt hätte, jedoch ausprobieren wollte. Beim Festival Dockville war ich Teil der Shoppingmeile und eines super Teams von Designerinnen, die sich zusammengetan hatten. Wir hatten in jedem Fall viel Spass, aber auch hier schloß ich, dass mein Vertriebskanal ein anderer sein werde.
Ich hatte bisher nie vorgehabt, meine Kollektion zusammen mit anderen Labels auf solch eine Weise zu präsentieren. Das hatte verschiedene Gründe, vor allem aber möchte ich den Dingen Raum geben, den KundInnen beim Ansehen und Ausprobieren der Kleider auch. Manchmal ergeben sich allerdings Gelegenheiten, und in diesem Fall brauchte ich vor allem dringend Geld und wollte auch nichts ungerüstet lassen, schliesslich sammelt man so Erfahrungen und findet heraus, wie Menschen auf die Sachen reagieren.
Parallel zu diesen PopUp Events erhielt ich im Sommer 2018 die Gelegenheit, ausgewählte Teile im La Föns zu platzieren; ein Laden von Machern aus dem Gängeviertel, der eine diverse Auswahl an schönen handgefertigten Produkten bietet. Wir haben den Laden gemeinsam umgestaltet – problematisch sind die mangelnden Kapazitäten bei uns allen um regelmäßige Öffnungszeiten einzuhalten, die Resonanz auf die Kollektion ist positiv. Manko: Provision reduziert natürlich die Marge. Man muss mit mindestens 30% rechnen.
Meine bisherige Ansicht habe ich behalten und folgendes gelernt.
1. Ein PopUp mit anderen Bekleidungsmarken ist für ZSA keine gute Idee.
Die anderen Marken sind stilistisch sehr unterschiedliche Streetwear-Marken, und die vornehmlich weiblichen Gäste sind zielstrebig auf die bunten Teile zugegangen. Meine Kollektion fällt auf einer Stange präsentiert kaum auf. Es fehlte an Platz für POS Displays.
2. Die geografische Lage des (PopUp) Shops ist nicht zu unterschätzen.
Während ich längst andere Standorte für einen möglichen eigenen Shop in Berlin und/oder Hamburg recherchiert hatte, ist hier mal wieder deutlich geworden: der Standort ist ein wichtiger Faktor. Die Hamburger Marktstrasse zieht im Sommer nur Touristen an, die auf der Suche nach Postkarten und Hamburg-T-Shirts sind.
3. Existenznot ist kein guter Berater.
Nachdem ich feststellen musste, dass ein Angestelltenverhältnis für mich nicht mehr in Frage in kommt, hatte ich mich knapp mit dem Formschoen. Raum für Design über Wasser gehalten. Ich brauchte Geld. Diese Ausgangssituation hat mich zu Kompromissen verleiten lassen.
4. Eine hochwertige, sozial und umweltfreundlich (nachhaltig) produzierte Marke braucht dieselben Werte im Vertrieb.
Während ich der Ansicht bin, dass jedeR einen Anspruch auf Mode hat, ist die Platzierung nach veralteten nicht mehr tragfähigen Prinzipien schlichtweg unmöglich. Das Problem hierbei ist, dass die Verbraucher in dem Segment (H&M/ ZARA) keinen Unterschied machen, ob nachhaltig oder nicht, das ist nicht unbedingt Unterscheidungsmerkmal (USP). Die Kosten von Material und Herstellung unterscheiden sich aber deutlich, und das hat eine Selbstausbeutung zur Folge, oder eine sehr geringe Marge. Selbst mit Genügsamkeit auf meiner Seite ist das schwierig. Hier fiel die Entscheidung zur kompromisslosen Konzeption eines neuartigen Geschäftsmodells bei house of ZSA.
5. Gehe keine gestalterischen Kompromisse ein, um einer anderen Zielgruppe zu gefallen.
Um nach dem PopUp Store bei der nächsten Verkaufsgelegenheit, dem Festival, besser zu verkaufen, entwickelte ich einige Teile, die eher der dort anwesenden Zielgruppe entsprechen würden. Dies stahl mir Zeit und Nerven, lenkte mich ab. Auf dem Festival habe ich die bereits vorher vorhandenen Teile besser verkauft, die Einnahmen von insgesamt ca. €500 sind im Vergleich zum Aufwand und Materialkosten nicht der Rede wert. Bestätigung meiner vorherigen Ansicht: meine Zielgruppe findet sich nicht auf Festivals. Aber vor allem: bleib selbstbewusst mit dem was du tust.
Teilnehmende Brands
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